Erster gesteuerter Motorflug
Kitty Hawk, Donnerstag, 17. Dezember 1903
Ein Meilenstein in der Geschichte der Luftfahrt ist der erste gelenkte Motorflug der Brüder Wright im US-Bundesstaat North Carolina.
In der Nähe des Ortes an der Atlantikküste erhebt sich der Zweidecker der Brüder in die Luft. Es ist nur ein kurzer Flug, er dauert nicht länger als 12 Sekunden und führt nicht weiter als 35 Meter durch die Luft – und doch ist es eine Pioniertat.
Wie Orville Wright es selbst formuliert, ist der Flug »der erste in der Geschichte der Erde, bei dem eine Maschine mit einem Menschen sich selbst aus eigener Kraft in freiem Flug in die Luft erhoben hat, in waagerechter Bahn vorwärts geflogen und schließlich gelandet ist, ohne zum Wrack zu werden.« Diese Tatsache widerlegt eine allgemeine Skepsis gegenüber Flugmaschinen-Projekten, die nach zahlreichen Misserfolgen auch unter Fachleuten weit verbreitet ist.
Anfang des Jahrhunderts geben die Aeronautiker der Entwicklung von Luftschiffen weitaus größere Chancen. Am denkwürdigen Vormittag des 17. Dezember fliegen die Brüder Wright mit ihrem Flugzeug insgesamt viermal. Beim letzten Versuch legt Wilbur Wright 260 Meter zurück und bleibt 59 Sekunden in der Luft.
Bereits am 14. August 1901 gelang Gustave Whitehead der erste Motorflug der Geschichte. Auch Samuel Pierpont Langley aus Washington tüftelte am ersten brauchbaren Motorflugzeug.
Brüder Wright
Aufgrund ihrer systematischen Studien gelten die Brüder Wilbur (*16.4.1867) und Orville Wright (*19.8.1871) als die eigentlichen Pioniere des Motorflugs. Obwohl ohne besondere Schulausbildung, eigneten sie sich gleichermaßen theoretische und praktische Kenntnisse über verschiedenste Sachgebiete an, die sie in der Praxis erprobten. Schon 1889 bauten sie sich eine Druckerpresse und gaben damit eine sehr erfolgreiche Stadtteilzeitung heraus, 1892 eröffneten sie ein Fahrradgeschäft und begannen mit der Fabrikation der »Wright-Special«-Fahrräder.
Berichte von den Flügen des Deutschen Otto Lilienthal weckten ihr Interesse an der Fliegerei. Sie informierten sich umfassend, beobachteten den Vogelflug und starteten erste Flugversuche mit Drachen. Auf ihrem Versuchsgelände testeten sie verschiedene Fluggeräte – zunächst Drachen, dann Gleitermodelle, die sie mit Steuer-Höhenrudern vervollständigten und schließlich das erste Motorflugzeug, dem sie später den Namen »Flyer I« geben. 1904 gelingen ihnen die ersten Kurvenflüge, mit »Flyer III« im Jahr 1905 Streckenflüge bis 45 km. Wilbur Wright stirbt 1912, Orville 1948.
Neue Technik für »Flyer I«
Im Gegensatz zu ihren Vorgängern gelingt es den Brüdern Wright, ihren Flug exakt zu steuern – ein Novum in der Geschichte der Luftfahrt.
»Flyer 1«, der Zweidecker der Brüder Wright, ist 6,40 m lang, wiegt 272 kg, hat zwei Luftschrauben und einen 63,5 kg schweren 12-PS-Motor. Das Flugzeug ist aus Holz, Draht und Stoff gefertigt.
Die Tragflächen haben einen Spannweite von 12,30 m. Die Luftschrauben, die auf Stahlwellen sitzen, bestehen aus Kiefernholz. Den Motor montierten die Wrights auf die untere Tragfläche rechts der Flugzeuglängsachse. Zum Ausgleich machten sie die rechten Tragflächen 10 cm länger als die linken und richteten den Pilotenplatz auf der unteren Tragfläche links seitlich der Längsachse ein. Der Pilot liegt ausgestreckt, bedient mit der linken Hand das Höhenruder und bewegt mit den Hüften das Joch, durch das die Tragflächenverwindung und das Seitenruder betätigt werden.